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Schmankerl 3
(vom September 1995)

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Ein vergnügliches Stück
wie man vordem Ritter wurde

Wer ein bisschen im Stammbaum der Familie herumgestöbert hat, ist sicherlich bei einigen der Ahnen im 16. Jahrhundert über den Zusatz RITTER gestolpert und wird sich gefragt haben, wer und wo diese Männer zu Rittern geschlagen wurden. Ich denke da besonders an den gestrengen und ehrenfesten Ritter Hans auf Sonnewalde, der als Obermarschall mit seinem Herrn, dem Herzog Albrecht dem Beherzten, im Heiligen Land war und als Ritter wiederkam. (Das ist übrigens der, der sich mit seinem Bruder Ernst nicht einigen konnte, so dass sie Sachsen in einen Albertinischen und einen Emestinischen Zweig teilten, was sehr folgenreich, auch für die Familie, war, – aber das ist ein weites Feld.)

Nun wissen wir, dass damals die Zeit der Kreuzzüge vorbei war. (Übrigens gibt es auch unter den Vorfahren einige Ritter im 13. Jahrhundert, die durchaus an einem der Kreuzzüge teilgenommen haben könnten – nur über diese Herren geben die Urkunden arg spärliche Lebenszeichen.) Aber bleiben wir doch bei Ritter Hans als Beispiel, das sicherlich für manchen Anderen auch gilt, und der seinen Herrn auf der Pilgerfahrt nach Jerusalem begleitete. Da es keine militärischen Züge mehr gab, muss es ein friedlicher, nur frommen Zwecken dienender Pilgerzug gewesen sein.

Der bekannte Schriftsteller Gustav Freytag weiß Antwort: In seinen "Bildern aus der deutschen Vergangenheit" beschreibt er eine solche Reise, die mit einer Galeere der Venezianer oder Genuesen über Rhodos zum Heiligen Land führte. Übrigens unter türkischer Bedeckung. Wie Gustav Freytag spitz bemerkte, waren die "Heiden Machumeds nicht unempfänglich für den Ertrag solcher Pilgerreisen". Dafür aber konnten die Pilger auch hoffen, unversehrt in Jerusalem einzutreffen. Dort standen dem wohlhabenden Pilger zahlreiche Gasthäuser mit guten Bequemlichkeiten zur Verfügung, "...der Wirt zum goldenen Stern und seine Frau wurden zu ihrer Zeit sehr gerühmt, sie waren zwar machumedisch, aber ordentliche Leute, Speisen und Pflege gut, man konnte bei ihnen auch sein Geld wechseln, rheinische Gulden und Dukaten. In der Herberge zog der Wanderer sein Büßerhemd an, wallte demütig zur Klosterkirche am heiligen Grabe und stellte sich mit dem Ritter, welcher den Schwertschlag übernommen hatte, dem Guardian vor. Dieser viel erfahrene Herr behandelte das Geschäft würdig; er nahm zuerst, wie Brauch war, dem Bewerber die Beichte ab,......., dann trugen die Mönche Schlüssel, Schwert und Buch herzu, dem Pilger wurde aus dem Buche die Ordnung des Ritterstandes verkündigt und die Rittermesse vor ihm gelesen. Darauf schieß man ihm das Heilige Grab auf, dort kniete er auf seinem Stabe nieder und betete.... Dann schlug der bestellte Ritter mit Erlaubnis des Guardians den Pilger, der Hutkappe und Mantel abgelegt hatte, zum Ritter, der Guardian sprach den Segen. Zuletzt kam der fromme Bruder Tresler mit einem Buch und erhielt sechs bis zwölf Dukaten für die Feierlichkeit. Dadurch erhielt der Geweihte die ruhmvollste Ritterwürde der Christenheit, – er wurde R itter des Heiligen Grabes."

Sicherlich waren diese Reisen bei aller sorgfältigen Vorbereitung voller Strapazen und nicht ganz ohne Gefahren. Da bedrohten unseren Pilger allerlei Unwetter, die Piraten oder gar ein Schiffbruch, so dass häufig genug Gefahr an Leib und Leben bestanden haben wird. Um so mehr wog aber dann die neugewonnene Würde eines Ritters vom Heiligen Grabe.

Günter H. Wiege, Wiesbaden – September 1995


Quellen:
Gustav Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit, II Band Vom Mittelalter zur Neuzeit. 1924


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