Schmankerl 9
Verbindung von Hans v. Minckwitz zu Martin Luther
(März 1996)
Aus Anlass des Todestages von D. Martin Luther vor 450 Jahren sollten wir untersuchen, welche persönlichen Verbindungen zwischen Luther und dem Haus Minckwitz/Sonnewalde bestanden haben, da doch die Familie stark involviert in die Reformationszeit war, – ein Thema, dass uns zu einem späteren Zeitpunkt noch beschäftigen wird, denn die Söhne von Hans II: Caspar, Nickel, Hans III und Georg waren Anhänger der Lehre Luthers und haben unter ihrem Bekenntnis zu leiden gehabt.
In den Erläuterungen zum Briefwechsel Luther/Minckwitz lesen wir: Hans II v. Minckwitz, […] war kursächs. Hofmeister und als solcher zu wichtigen Gesandtschaften gebraucht; er starb 1534. Auf dem Reichstag zu Worms war er im Gefolge des Kurfürsten, soll dort erkrankt und von Luther öfters besucht und getröstet worden sein. Er war Besitzer von Sonnewalde, welches ein böhmisches Lehen war. (1)
Das bestätigt uns Hausrath (2) in seiner Luther-Biographie::
[…] Während Greiffenklau zum Kaiser ritt, besuchte Luther mit Spalatinj enen Hans von Minkwitz, dessen Beichte er unlängst gehört hatte. Mit herzlichen Worten tröstete er den todkranken Mann, der sich anschickte zu den Gästen hinauszuwandern, die Worms für immer festhielt und an deren frischen Gräbern Luther gesprochen haben soll: Beati quia requiescunt. Zum Schlusse reichte der dem kranken Landsmann die Hand mit den Worten: »Ich werde morgen wieder weg.« […]“
Wie wir wissen, hat Hans seine Erkrankung glücklich überstanden und noch bis 1534 gelebt. Er soll, unbestätigte Hinweise dafür gibt es, seine Hände bei der Entführung Luthers auf die Wartburg im Spiel gehabt haben.
Herzog Georg von Sachsen hing hartnäckig dem alten Glauben an und wurde hierin auch vom böhmischen König bestärkt. Dieser intervenierte dringlich bei Georg, das „ketzerische Tuen“ der Minckwitze abzustellen. Es ging dabei um die Einstellung von Pfarrern, die der neuen Lehre anhingen, und die Einführung der Liturgie in deutscher Sprache und anderes mehr. Es gab ein Testament von Hans II, in dem der Patronatsherr Einzelheiten zum Abhalten des Gottesdienstes u.a. geregelt hatte. Man warf nun den Brüdern vor, dass sie sich nicht an die Verfügungen des Testamentes hielten, worauf die Brüder bei Luther ein Gutachten einholten, das uns im Wortlaut vorliegt:
Gnad und Friede in Christo! Gestrenger, fester, lieber Herr! Ich schicke Euch hiermit beide Zettel, einen von der Stiftung Eures Vaters, den andern von der Ordnung, bisher zu Sonnenwalda gehalten, wie ich sie empfangen habe. Und ist meine Meinung, aufs Beste ich’s verstehe, daß die ersten drei Stück in Eures Vaters Stiftung, als nämlich, daß ein Caplan zum Altar der heiligen Dreifaltigkeit, item die zween Priester mit den Schülern zu unser Frauen Gezeiten (3) item das Gepränge mit dem jährlichen Begängnis (4) zu halten sei etc., sollen ganz und gar gestiftet sind, wollte ich jährlich solcher Zinsen lassen gebrauchen ihr Leben lang und nach ihrem Tode dieselben Zinsen anderswo an hausarme Leute oder ein from Kind zur Ehe auszusetzen, anlegen und stiften.
Das vierte Stück mit den grauen Tüchern, unter die Armen auszuteilen, bleibt billig und fein.
Das fünfte Stück mit dem Seelbade (5) gefällt mir auch wohl, ohne daß ich’s nicht ein Seelbad für die Seelen sein lassen wollte, sondern ein Exempel Christi, da er seinen Jüngern im Abendmahl die Fuße wusch, wie auch solch Waschen St. Paulus lehret (6) und ein alter Brauch der Christenheit ist, daß also solch Bad desselbigen Exempels und alten christlichen Brauchs ein Anzeigen und Ebenbild bedeutet würde und zu Ehren Christo, dem frommen Bader und Fußwascher, gehalten werde.
Das sechste Stück von den vier Messen soll auch ab sein und an arme Hausleute und Bräute gewandt werden, denn die Messen taugen nicht.
Die Ordnung, so im anderen Zettel gefasset ist, gefället mir nicht übel, und wo sie im Schwange wäre, ließe ich sie so bleibben, nämlich:
Daß des Sonntags frühe eine kurze Metten mit den Schülern und den übrigen Priestern, weil sie leben, gesungen werde, damit die jungen Knaben bei dem Psalter und Gesänge bleiben und die übrigen Priester was zu tun hätten.
Ich wollte aber nicht alle Sonntage einerlei nehmen, sondern immer fortfahren, daß der ganze Psalter und Biblia und Gesang übers Jahr im Brauch blieben, und die Schüler des alles gewohneten.
Messe zu deutsch lasse ich gehen, ich wehre auch nicht lateinische Messe zu halten. Ich hoffe aber, zu Wittenberg eine deutsche mit der Zeit anzurichten, die rechte Art habe, doch daß allewegs der Canon außen bleibe, und, wo nicht Communicanten sind, daß man nicht consecriere, sondern den Gesang der Messe möge singe. Die Predigt hat ihren Bescheid (7), die Vesper gefället mir auch wohl, wie sie denn verzeichnet ist, ohne daß man immer andere und andere Psalmen und Gesänge nehme, wie denn in Büchern von der Zeit (8) gefunden wird, umb Übung willen der Knaben.
Ich achte nicht not sein, alle Werktage eine Lection zu haben, man wolle es denn gerne tun, sondern sei genug an dreien Tagen in der Wochen, doch daß gleichwohl täglich, frühe und abends, die Knaben mit Psalmen und Gesang geübet werden. Von keinem Heiligen sollte man singen oder feiern, ohne die Feste, die unsern Herrn Christum betreffen.
Solches achte ich genug sein zum Gottesdienst an dem Ort, und sei vor Gott wohl zu verantworten; wie es aber fur der Welt zu verantworten sei, weiß ich nicht; auch wo was mehr zu ordnen ist, kann der Prediger vor sich selbst, oder wo ihm geliebt, durch unsrer Mithilfe wohl versorgen.
Anno 1525, Nov./Dez. Martinus Luther (9)“
Und wie vertrauensvoll das Verhältnis Luther’s zu Hans v. Minckwitz war, sieht man aus dem folgenden Brief (10)
Dem gestrengen und Ernvesten Er Hans von Mynckwitz, Ritter und Churfürstlichen Rat, und meinem sondern Herrn und Freunde.
Gnade und Friede! Erenvester, gestrenger, lieber Herr! Ich bitte umb Christlicher Liebe willen, E. Gestr. woll meinen armen Glauben aus dem Gefängnis helffen, den ich bey Er Valtin Mellerstadt für Dietrich Rabel habe guter Meinung lassen einsetzen, und steht leider in Schaden, und gilt schier nicht einen Zahlpfennig mehr, so er doch itzt wol solt viele helffen. Ich höre aber, derselbe Dietrich habe Zins oder Kamer Geld bey m. gn. Herm Herztog Hansen.
Daselbs kund mir E. Gestr. wol helffen. Das will ich, wo der Glaube hinfort ja nicht mehr gellte, doch mit meinem armen Vater Unser verdienen, wo ich kan. Hiemit Gott befohlen. Amen.
Zu Wittenberg am Sonnabend nach S.Agatha 1524. Martinus Luther“
Ob seine Bitte Erfolg hatte, wissen wir nicht. Aber Luther muss ganz mächtig wegen seiner Bürgschaft in der Klemme gesessen haben.
Und noch einer brauchte dringend Hilfe:
Achtbam hochge…rn Martino … en etc., meinem guten Freund.. ..ygen Handen (11)
Mein freundlichen Dienst zuvor. Achtbar, hochgelahrter, lieber Herr Doctor, sunderlicher guter Freund! Euch weiss ich guter Meinung nicht zu vorhalten, daß ich bedacht, mich in Kurz nha bei Speyer auf itzigen Reichtag meiner Nothdurft nach zu begeben. Weil mir denn die Beschwerung, so dem armen Gesellen Wolff Hornigk vom Marggrafen Jochim begegenet, zum Theil wißlich und ich ihm meins hochsten Vormugens und Vorstandes, wiewohl ich von ihm darumb nicht ersucht, zu helfen und rathen willigk, ist derhalben mein Bedenken, daß gedachter Wolff Hornigk sich, wie ich ihme auch beiliegend schreibe, unverzuglich gegen Trebßen (12) zu mir begebe, daß er jhe aufs langest itz den nächsten Freitagk nach Dato da wär, will ich ihn mit mir nehmen und mit Pferde und Zehrung vorlegen, zu Gott hoffende, er sall auf sein Supplicirn und Ansuchen, auch auf Forderung meiner Herrn und Freund erlangen, daß von den Ständen des Reichs dem Marggafen sall gemandirt und geboten werden, ihm sein Weib folgen zu lassen. Wie adder die erste Supplication solte gestellt werden, bitt ich euch nicht zu beschweren und ein Begriff zu stellen, wie sie euer Achtung sollte ausgehn. Da ich euch guter Meinunge nicht hab zu vorhalten wissen, und befihl euch in die Gnade Gottes.
Dat. Montqgk nach Oculi 1529.
Bitt, dieß alles in gheim bei euch zu behalten. Nigkel von Myngkwicz etc.“
Nickel war vom Kurfürsten Joachim bei dem Reichskammergericht in Speyer wegen Landfriedensbruchs verklagt worden und konnte sich der Vorladung dorthin nicht entziehen. Die Verbindung seiner Angelegenheit mit der des „Wolff Hornigks“, in dessen Namen er eine Klage bei dem kaiserl. Statthalter Pfalzgraf Friedrich anstrengte, war ein geschickter Schachzug gegen Joachim (13).
Hier soll uns nur das Ergebnis für Nickel interessieren: das Kammergericht erklärte ihn am 24. Okt. 1630 in die Acht. (Über die Gründe später mehr !)
Da Pacem.
Verleih uns Frieden gnädiglich,
Herr Gott zu unsern Zeiten.
Es ist doch ja kein andrer nicht,
der für uns könnte streiten,
denn du unser Gott alleine.
(Luther)
Günter H. Wiege, Wiesbaden, März 1996
Quellen:
- (1) D. Martin Luther’s Briefwechsel, Bearb. Ernst Ludwig Enders, Bd. V. – Nr. 879. 1893
- (2) Adolf Hausrath, Luther’s Leben. Bd. l – Berlin 1904
- (3) Gemeint ist das Marienofficium, d.h. die Verehrung Marias
- (4) Es handelt sich um das Requiem am Jahrestag des Todes RE
- (5) Man stiftete Bäder für Arme, wobei diesen manchmal auch noch Bier, Fleisch, Brot, Geld gereicht wurde, und erhoffte dafür Milderung der Fegefeuerpein.
- (6) Tim. 5, 10
- (7) Betreffs der Predigt wisst ihr Bescheid.
- (8) de tempore
- (9) D. Martin Luther’s Werke. Kritische Gesamtausgabe. Briefwechsel Nr. 812 – Weimar lfd.
- (10) ebenso, Nr. 710
- (11) im Original verstümmelt.
- (12) Trebßen = Schloß Trebsen a.d. Mulde, Besitz seiner Brüder.
- (13) D. Martin Luther’s Briefwechsel. Bearb. von Ernst Ludwig Enders. Bd. VII – Nr. 1452. – 1897