Schmankerl14

Schmankerl 14

Das Epitaph von Lindenau
(Januar 2003)

Es muss etwa 1636 gewesen sein, als Loth Gotthard v. Minckwitz als 25-jähriger nach langer Abwesenheit wieder nach Lindenau zurückkehrte. Was hatte sich in der Zeit als er als Vollwaise in Polen lebte, dann am dänischen und kurz am französischen Hof in Diensten stand nicht alles verändert! Die Güter, die für ihn als Vollweise seine Vormünder verwaltet hatten, tief verschuldet, die Niederlausitz durch die Folgen des damals noch andauernden Krieges, der insgesamt 30 Jahre gedauert haben sollte, verwüstet und menschenleer. In Lindenau wohnten noch etwa 150 Seelen. Und die alte, hölzerne Kirche, in der er und seine Vorväter getauft worden waren, war am Zusammenfallen.

Für die Kirche war er als Patron verantwortlich und so entschloss er sich 1668, 20 Jahre nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, stattdessen eine steinerne Kirche zu errichten. Dieser Bau hat mitsamt seinen Schätzen inzwischen die Stürme zahlreicher Kriege relativ gut überstanden. Aber es ließ sich nicht übersehen, dass jetzt umfangreiche Reparaturen notwendig wurden. Als erstes deckte man das Dach neu, dann wurden die steinernen Bildnisse der Familienmitglieder und der Chorraum gesichert – all das mit viel öffentlichen Mitteln. Da blieb nichts übrig für das hölzerne Epitaph (siehe Bild links) von 1708, das an den Erbauer erinnerte.

Es muss 1995 gewesen sein, als die damalige Pfarrerin Frau Ulrike Büscher, dieses Epitaph in all seiner Traurigkeit Gabriele und Günter zeigte, die spontan erklärten, die Restaurierung auf Kosten der Familie zu übernehmen.

Es dauerte dann noch bis zum Frühjahr 2002, bis die von ganzen Generationen Holzwürmern durchbohrten Teile von Lindenau nach Darmstadt-Eberstadt zu Jörg überführt werden konnten.

Und jetzt begann die Arbeit, wobei die Hauptlast bei Jörg lag. Er musste zunächst die Holzwürmer vertreiben, dann die Farben auswählen und ausprobieren – Arbeiten denen er sich mit großer Sorgfalt und Sachkenntnis unterzogen hat. Sodann mussten ein Schriftenmaler und ein Holzschnitzer gefunden werden, die die fehlende Schrift und die fehlenden Teile fachmännisch ergänzten. Als diese Arbeiten, zu denen natürlich auch noch die Fahrerei zu den verschiedenen Restaurierungsstandorten gehörten, zunächst abgeschlossen waren, konnte auf dem Familientag in Gifhorn das Epitaph vorgestellt werden. Der Jubel aber auch der Stolz über das gelungene Werk waren groß.

Text der Widmung:

Der HochWohlEdelgebohrne Gestrenge Veste und Hochbenambte Herr Loth Gotthartdt v. Minckwitz auf der Herrschaft Drehna, Lindenau und Tetta Chur“ und Fürstl.Durchl.zu Sachsen bestalter Rath und LandesHauptmann der NiederLausitz ist gebohren zu Lindenau den 11 Februar Anno 1611 in Dreßden sel.verstorben den 9.Februar Ao 1678 und hat Sein ganßes Leben gebracht auf 67 Jahr weniger 2 Tage.

Nun kam der Endspurt, um das Epitaph, das eine Größe von etwa 1,00 m x 1,50 m hat, in eine Form zu bringen, die das Aufhängen in der Kirche ermöglichte. Jörg hatte sich als Unterlage von Wappen und Schriftfeld eine große, schwarze Platte ausgedacht auf der das Epitaph montiert wurde. Platte und Epitaph wurden dann am Vorabend mit Unterstützung des Pfarrers Schönfeld an einer Seitenwand genau gegenüber dem Kircheneingang aufgehängt und gleich wieder mit einem großen schwarzen Tuch verhüllt.

Am 1. Adventsonntag wurde dann die Gedenktafel im Rahmen eines sehr schönen Familien-Gottesdienstes, der umrahmt wurde von Flötenspiel und einer allegorischen Wanderung von unterprivilegierten Menschen und Tieren auf dem Wege zur Geburt Christi in Bethlehem, dargestellt von der Jugend des Dorfes, enthüllt und der Gemeinde als Geschenk der Gesamtfamilie v. Minckwitz übergeben. Gespannt verfolgten die Besucher des Gottesdienstes die Abnahme des großen schwarzen Tuches durch Pfarrer Schönfeld und Hans-Kaspar. Großer Beifall war die Reaktion auf das neue Schmuckstück in der schönen alten Dorfkirche in seinen leuchtenden Farben Schwarz , Silber und Rot, das als ein weiterer touristischer Anziehungspunkt für die Region um Lindenau und Ortrand dienen möge.

In seinem Grußwort verwies Horst auf die frühe Verbindung eines Minckwitz zu Martin Luther und auf andere Familienmitglieder, die Vorkämpfer und Förderer der Reformation waren. Ihr Selbstverständnis und die Pflege der Tradition waren für die Familie v. Minckwitz eine Verpflichtung, das einstens ebenfalls zur Erinnerung an einen Vorfahren gestiftete Epitaph zu erhalten und restauriert der Gemeinde zurückzugeben.

Nach dem Gottesdienst hatte der Pfarrer in den Gemeindesaal zu einem kleinen Imbiss gebeten, bei dem wir das von Rembert zusammengestellte Video über die einzelnen Arbeitsschritte der Restaurierung vorführen konnten. Durch einen glücklichen Umstand enthielt das Video auch Aufnahmen des Kircheninneren wie es vor der allgemeinen Renovierung aussah.

Als Gäste waren u.a. gekommen der Bürgermeister, der Heimat- u. Geschichtsverein sowie ein Vertreter der „Elbe-Elster-Rundschau“. Die Familie war bei dem feierlichen Anlass mit einer starken Delegation vertreten, neben Hans-Kaspar und Horst auch Jörg, Gabriele, Ute, Ingrid, Wolfram und Günter.

Siehe hierzu auch
– die Schmankerl Schmankerl 1 und Schmankerl 2 vom August 1995
– sowie Seite 123 in der Chronik der Familie v. Minckwitz, Breitenhainer Linie

Günter H. Wiege, Wiesbaden, Januar 2003