Schmankerl13

Schmankerl 13

Ist Sachsen gleich Sachsen?
(Oktober 2002)

Wer sich ein wenig in der Geschichte und in der Geographie getummelt hat, wird sich sicherlich gefragt haben, was SACHSEN = das Bundesland zu tun hat mit den Nieder-Sachsen, das zum Bundesland Niedersachsen gehört.

Die Antwort auf diese Frage finden wir in einem Artikel, den ich in der Zeitschrift „Sachsenbummel“, einem Magazin für Kultur, Geschichte und Tourismus und das ich ganz besonders empfehlen möchte, gefunden habe. Verfasser der sehr klaren Darstellung der geschichtlichen Entwicklung ist sein Chefredakteur Rainer Vordank, der mir freundlicherweise die Wiedergabe gestattet hat.

“ […] Nach der Völkerwanderung unterwarf Karl der Große die Sachsen, die zwischen Ems und Elbe siedelten. Nach immerwährenden Aufständen ließ der Kaiser im Jahr 782 an einem Tage 4500 aufständische Sachsen enthaupten. Aber erst drei Jahre später beugte sich Widukind, der edle Sachsenherzog, und sogleich befahl der Kaiser die Taufe aller Sachsen, verbot ihre heidnischen Bräuche und die üblichen Volksversammlungen […]

[…] Das uralte Herzogtum Sachsen blieb als Ganzes bestehen und gehörte später mit Mainfranken, Schwaben, Thüringen und Bayern zum ostfränkischen Reich, zu dessen König 919 der Sachsenherzog Heinrich gewählt wurde.

Nachdem 1180 der staufische Kaiser Barbarossa (Heinrich I. Rotbart) seinem welfischen Widersacher Heinrich dem Löwen das Herzogtum Sachsen entzogen hatte, folgte dessen Teilung. Neben dem Herzogtum Engen und Westfalen schrumpfte das Herzogtum auf ein relativ kleines Gebiet an der Unterelbe. Dieses Lehen“ (das den Namen Sachsen behielt) „bekam der askanische Graf Bernhard zugesprochen, einschließlich eines neuen Kolonialgebietes elbaufwärts.“ (Also das Gebiet, in dem erstmals 1147 ein Friedrich vermutlich de Mincuiz als Ministerialer des Königs Konrad III. genannt wird.) „Sein Vater, Albrecht der Bär, hatte den Burgward Wittenburg … gegründet. Im Jahr 1212 folgte die Erbteilung in Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg. Dort ließ sich Herzog Albrecht II. nach 1260 auch seine neue Residenz einrichten […] Hatten noch im 13. Jh. fast alle der weit über 100 Reichsfürsten das Recht zur Königswahl, waren es unter den Staufern nur noch sieben: die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, der König von Böhmen, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg. Auch wenn Sachsen klein geworden und mit seinem Titelträger quasi ins östliche Grenzgebiet „gewandert“ war, blieb seine verfassungsrechtliche Stellung mit dieser Bestätigung von großer Bedeutung – besonders als 1422 mit Kurfürst Albrecht III. die sächsische Linie der Askanier ausstarb.

Kaiser Sigismund I. stellte am 6. Januar 1423 einen neuen Lehnsbrief für Markgraf Friedrich IV. von Meißen (dem Streitbaren) aus, für „genehme Treue und Dienste“ im Kampf gegen die Hussiten. Der Habsburger verlieh dem Wettiner am 1. August 1425 in Budapest das Kurschwert, das noch heute in der Rüstkammer Dresden bewundert werden kann. Der Herzog von Sachsen, Landgraf von Thüringen und Markgraf von Meißen gehörte nun als Kurfürst, Erzmarschall und des Heiligen Reiches Vikar zu den mächtigsten Männern im ganzen Reich. Weil es damals üblich war, das Land nach dem Herrn zu benennen, wurde das Land Meißen mit den anderen Landesteilen nun zu Kursachsen. Das neue Sachsen war geboren. […]

Die unglückliche Leipziger Teilung Kursachsens vom 17. Juni 1485 (vor der Hans v. Minckwitz gewarnt hatte) „erwies sich für die spätere Stellung Sachsens im Reich als besonders verhängnisvoll. Ernst behielt mit Sachsen-Wittenberg die Kurwürde, dazu das mittlere und südliche Thüringen mit Eisenach, Gotha, Weimar und Jena, die fränkischen Besitzungen um Coburg, das Vogtland, das westliche Osterland und Gebiete des Pleißenlandes. Der jüngere Bruder Albrecht“ (dessen Obermarschall bekanntlich Hans v. Minckwitz war) „trug fortan den Herzogstitel und regierte in der Mark Meißen, im nördlichen Thüringen sowie in Gebieten des Oster – sowie des Pleißenlandes um und mit Leipzig.

Erste große Probleme zwischen Ernestinern und Albertinern gab es nur wenige Jahrzehnte später im Gefolge der Reformation.“ (siehe die Querelen mit Nickel v.M. und seinen Brüdern) „Sie endeten im bösen Zwist und in der Schlacht bei Mühlberg, als der protestantisch-albertinische Herzog Moritz von Sachsen mit den Truppen des katholischen Kaisers Karl V. den Schmalkaldischen Bund niederrang. Sein ernestinischer Vetter und Glaubensbruder, Kurfürst Friedrich Johann, geriet in Gefangenschaft.“ (Sein letzter Kanzler war Erasmus v.M.) „Das Kurfürstentum Sachsen-Wittenberg wurde ihm entzogen und den Albertinern zugesprochen.

Eine ähnlich dramatische Wende brachte 1815 der Wiener Kongress, als der König von Sachsen von Napoleons Gnaden für seine Treue zu diesem fast zwei Drittel (!) seines Landes an Preußen verlor. Teile dieses Gebietes kamen zu den preußischen Provinzen Brandenburg und Schlesien.“ (dazu gehörte auch Drehna) „Aus dem nordwestlichen Kursachsen hingegen entstand die Provinz Sachsen.“ (einer der Signatare der „Bundesacte des teutschen Bundes“ war Friedr. Aug. Wilhelm v.M.)

Das heutige Land Thüringen ist eine Schöpfung von 1920, als man die dynastisch zersplitterten Territorien zusammenfasste. Das Land Anhalt besteht seit 1863, nachdem die Herzogtümer Anhalt-Köthen und Anhalt-Berneburg per Erbschaft an Anhalt-Dessau fielen.“

Die Nachkriegszeit hat dann mit den verschiedenen Aufteilungen die in Jahrhunderten gewachsenen historischen und kulturellen Bindungen aufgehoben.

Zum Wappen Sachsens noch eine Erklärung: „Es hat zehn schwarz-goldene waagerechte Balken, die sich aus dem alten Wappen der askanischen Grafen von Ballenstedt ableiten. Der Kranz stilisierter Rautenblätter tauchte um 1200 auf – wahrscheinlich als Symbol für den Verzicht des Herzogs von Sachsen-Wittenberg auf das Stammland Sachsen-Lauenburg.“

Günter H. Wiege, Wiesbaden, Oktober 2002

Quellen:

  • Verlag Sachsenbummel saxacon dmc, D-01097 Dresden