Persönlichkeiten Folge 2

Persönlichkeiten in der

Familie v. Minckwitz


Folge 2: Ritter und ihre Ausrüstung und Erziehung (11/2003)

In der Familie gab es viele Ritter, was bei einer so alten und angesehenen Familie, die ihre Wurzeln im 12. Jhdt. hat, nicht verwundert. Von einigen wissen wir aus alten Urkunden, dass sie ausdrücklich als „miles“ bezeichnet worden sind, von manchen können wir schlussfolgern, dass sie Ritter waren. Zu den Männern, die aus den Nebeln der Vergangenheit auftauchen, gehören Ritter Heinrich v.M. um 1270, Ritter Sibrecht v.M. um die gleiche Zeit, und Ritter Dietrich v.M., der mit Schild und Helm im Kloster Buch beigesetzt worden ist (s. Alt-Genealogie). Ob die Ritter Hans II und III, Georg und Nickel im 16. Jh. noch Ritter im hergebrachten Sinne waren, muss bezweifelt werden – aber sie waren wehrhafte und in Turnieren erprobte Männer.

Unsere Vorstellungen von der Zeit der Ritter, ihrem Leben und Kämpfen, ist en général recht lückenhaft, darum lassen wir einen Erforscher der Ritterwelt zu Wort kommen:

„In ottonischer Zeit gehörte das Tragen von Waffen zum täglichen Leben. Der Kampf, die Bereitschaft dazu und der Mut im Kampf galten besonders für den Adel als Lebenszweck und wurden höher angesehen als der Schutz des eigenen Lebens. Die Schwelle zur Anwendung von Gewalt lag sehr niedrig, meistens reichte bereits ein geringfügiger Anlass, um tätlichen Streit auszulösen. Der Begriff, der solche Aktionen rechtlich deckte, hieß Fehde. Damit wurden Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Familien oder auch einzelnen Personen bezeichnet. Die erfolgreiche Ausfechtung einer Fehde galt als ehrenvoll. Fehden konnten sich über lange Zeiträume, manchmal über mehrere Generationen hinziehen, oft wurden dabei immer wieder männliche Mitglieder der beteiligten Familien getötet.

Spiel und Sport waren auf die Waffenführung ausgerichtet und dienten der Schulung für den Ernstfall. Am deutlichsten wird durch die häufig ausgetragenen ritterlichen Turniere klar, wie sehr Gewalt zum öffentlichen Leben gehörte, denn auch Turniere endeten nicht selten tödlich. Selbst Angehörige der Kirche, Bischöfe, Priester und Mönche, zogen in den Krieg, was auch damals schon immer wieder, besonders in religiösen Literaturüberlieferungen, kritisiert wurde.

Die Bewaffnung der Krieger war außerordentlich vielfältig. Der wichtigste Unterschied bestand in der Truppe zwischen den Kriegern zu Pferd und dem Fußvolk.

Die Pferde, die zu Beginn des 11. Jhdts in Deutschland geritten wurden, besaßen noch nicht die Größe der heute gezüchteten Pferderassen. Ein Streitross der damaligen Zeit ist am ehesten in Größe, Aussehen und Leistungsvermögen mit einem starken Islandpony zu vergleichen. Es handelte sich also um kleine, relativ genügsame, ausdauerstarke und robuste Tiere. Die militärischen Erfolge der Ungarn, die mit ihren Reiterscharen in Europa lange Zeit nach Belieben geraubt und geplündert hatten, führten auch im ostfränkischen Reich zum Umdenken in der militärischen Taktik und damit zu einem verstärkten Einsatz von Pferden zu kriegerischen Zwecken. Pferde verliehen sowohl dem einzelnen Reiter als auch dem Heer erhöhte Beweglichkeit und Wendigkeit. Der Reiter besaß gegen über dem Fußkämpfer wegen seines erhöhten Sitzes einen besseren Überblick und die Bewegung des Pferdes verstärkte die Wucht des berittenen Kriegers im Kampf. Durch die Einführung des Steigbügels verbesserten sich der Sitz und Halt des Reiters, wodurch sich die Einsatzmöglichkeiten der Reiterei erheblich steigerten. Ein Kämpfer zu Fuß war dem Ritter deutlich unterlegen. Eine militärische Karriere im mittelalterlichen Heer und damit ein gesellschaftlicher Aufstieg setzten den Besitz eines oder mehrerer Kampfpferde voraus, die sehr teuer waren.

Obwohl die Kavallerie eine große Bedeutung besaß, bestand das Heer dennoch zum größten Teil aus Fußtruppen. Die Taktik der berittenen Truppe, die auf König Heinrich I. zurückgeht, war ebenso einfach wie wirkungsvoll. Der geschlossene Pulk der Reiter versuchte den Gegner möglichst zu überrennen. Gelang es, den Feind zu überraschen, ohne dass sich dieser ebenfalls in Bewegung befand, dann konnte er der Energie des Aufpralls kaum etwas entgegensetzen und der Kampf war entschieden. Prallten jedoch zwei Reitergruppen im vollen Galopp aufeinander, kam es zu einem furchtbaren Gemetzel. Der Erfolg lag dann in der Regel auf der Seite derjenigen Gruppe, die die größere Anzahl an Pferden und Reitern in den Kampf bringen konnte. Die Motivation der Kämpfer, ihr Mut und die körperliche Kraft und das Geschick spielten dabei eine eher geringe Rolle. Gelang es dem Gegner, seine Formation vor einer Reitergruppe rechtzeitig aufzulockern, dann verpuffte die Wucht des Angriffs sozusagen im Leeren. Die Reiter konnten in einer solchen Situation selbst durch Bogenschützen, Lanzen, Spieße und geschleuderte Steine in akute Gefahr geraten.

Den Reitern und Fußkämpfern stand ein großes Arsenal an Waffen zur Verfügung. Grundsätzlich war eine komplette gute Ausrüstung eines Kriegers sehr kostspielig. Der Wert einer solchen Rüstung eines Ritters entsprach dem Wert eines Bauernhofes der damaligen Zeit. Die Hauptwaffe des Reiters war das zweischneidige Schwert. Es wurde kunstvoll geschmiedet und besaß neben seiner Funktion im Kampf symbolische Bedeutung. So wurde zum Beispiel die Erhebung eines Kriegers zum Ritter mittels des so genannten Ritterschlages durch das Schwert vorgenommen. Darüber hinaus trugen vermögende, das heißt adelige Reiter … u. a. ein geschmiedetes Kettenhemd. Auch Panzer aus Leder mit Metallapplikationen waren im Gebrauch. Unter dem Kettenhemd trug der Ritter Unterwäsche aus Leinen, darüber kamen ein Hemd und eine Hose aus Leder. Diese Kleidungsstücke sorgten dafür, dass sich die Haut des Trägers nicht am harten Eisen des Kettenhemdes aufscheuerte. Hinzu kam ein Schild aus Holz mit Lederbespannung, und auch der war mit Metallteilen besetzt. Den Schild schmückte das farbige Wappen des Trägers. Ein Herold hatte die Aufgabe, anhand des Wappens die Angehörigen seiner Partei zu unterrichten, wer Freund und wer Feind war. In der rechten Hand führte der Ritter eine Stoßlanze, die aus Eschen- oder Buchenholz hergestellt wurde und so schwer war, dass der Arm des Reiters schnell ermüdete. Die Lanze wurde daher später mit Haken an Ösen des Harnisches eingehängt. Die Bewaffnung des Ritters konnte durch Waffen, wie sie bei den Fußkämpfern üblich waren, ergänzt werden. Die Vollrüstung mit geschlossenem Helm, Kettenhemd und einem Panzer, der den gesamten Körper des Ritters schützte, kam erst in der Zeit der Stauferkönige in Gebrauch. Fernwaffen der Fußtruppen waren vor allem Pfeil und Bogen, hinzu kamen Steinschleudern und Wurfspeere. Armbrüste wurden entwickelt, die später in verbesserter Form Reichweiten von mehreren hundert Metern erzielten und deren Bolzen eine sehr gute Treffsicherheit besaßen. Mit dem Bogen wurden auch Brandpfeile verschossen. Die Bolzen der Armbrüste und die Pfeile der Langbögen erreichten eine enorme Durchschlagskraft, weder das Kettenhemd noch die späteren Eisenpanzer konnten den Ritter vor diesen Geschossen schützen.

Es ist ganz eigenartig, dass sich im Spätmittelalter die Feuerwaffen gegen Bogen und Armbrust durchsetzten, obwohl sich sowohl mit dem Bogen als auch mit der Armbrust wesentlich höhere Treffsicherheit und sehr große Reichweiten erzielen ließen. Vielleicht hat der charakteristische Knall, der mit dem Schuss der Feuerwaffe verbunden war, und die daraus resultierende psychologische Wirkung auf den Gegner zur Veränderung in der Waffenanwendung geführt. In der Anfangszeit der Feuerwaffen waren Armbrust und Bogen in ihrer Wirkung ihnen haushoch überlegen. Gute Bogenschützen konnten in einer Minute fünf Pfeile mit sehr hoher Zielsicherheit abschießen. Man kann sich leicht vorstellen, welche Auswirkungen der Einsatz einer größeren Anzahl von Bogenschützen in einer Schlacht besaß; in der Regel war eine solche Schlacht nach wenigen Minuten entschieden. Der Vorteil der Armbrust gegenüber dem Bogen lag darin, dass der Armbrustschütze beim Zielen den Bogen nicht gespannt halten musste und dadurch der Zugarm des Bogenschützen nicht so rasch erlahmte. Die Armbrust eignete sich daher viel besser als der Bogen zur Jagd oder zum Kampf aus dem Hinterhalt, bei dem ein Bogen lange schussbereit im Anschlag gehalten werden musste. Die Fernwaffen erfreuten sich jedoch nicht besonderer Wertschätzung, die mittelalterlichen Kämpfer liebten vielmehr den Kampf Mann gegen Mann.

Das Fußvolk trug zum Schutz höchstens einen leichten Helm, die Bewaffnung bestand aus einer primitiven Lanze, aus einer mit Eisenspitzen versehenen Holzkeule, aus einer Streitaxt, einem Kurzschwert oder einem einfachen Dolch. Neben den Waffen für den einzelnen Kämpfer führten Heere für den Fall einer Belagerung so genannte Belagerungsmaschinen mit sich oder sie wurden an Ort und Stelle gebaut. Das waren vor allem große Wurfgeschosse, Steinschleudern und Rammböcke, entweder um die belagerte Festung zu stürmen oder sie zu verteidigen. Meist wurden Belagerungstürme gebaut, von denen aus die Angreifer mit Leitern versuchten, die Mauern der belagerten Festung zu überwinden.

Die einfachste Methode jedoch war das Aushungern der Bewohner. Solche Belagerungen dauerten daher oft sehr lange und konnten nur dann erfolgreich sein, wenn der Belagerungsring keine Versorgungsmöglichkeiten der hungernden Bevölkerung zuließ.

Beim offenen Kampf gab es kein Pardon. Das Kampfgeschehen lief mit hoher Brutalität ab, wobei selten Gefangene gemacht wurden. Ausnahmen waren höchstens Adelige, deren Auslösung ein hohes Lösegeld versprach. Getötete Gegner wurden nach der Schlacht ausgeraubt und blieben unbekleidet und unbestattet auf dem Schlachtfeld zurück. Die eigenen Toten wurden hingegen nach dem Kampf gesucht und beigesetzt. Eroberte Burgen oder Orte wurden zunächst geplündert und dann in Brand gesteckt. Die Frauen wurden vergewaltigt und wie die restlichen Bewohner ermordet. Die Kinder wurden oft mitgenommen und als Sklaven verkauft. Das Ziel solcher rigorosen Aktionen war, dem Feind so sehr zu schaden, dass er dauerhaft geschwächt blieb.

Die Ritterheere überlebten sich allmählich, da die Ausrüstung der Kämpfer in der Spätzeit zu schwer wurden. Die Reiter konnten nicht mehr aus eigener Kraft auf die Pferde steigen, sondern mussten hinaufgehoben werden. Fiel ein Ritter in der Schlacht aus dem Sattel, konnte er sich nicht mehr erheben und wurde ein leichtes Opfer des gegnerischen Fußvolkes. Ein einfacher Dolch reichte unter diesen Umständen aus, um dem Leben des Ritters ein Ende zu setzen. Deshalb rüsteten sich im 13. Jhdt. die Fußkämpfer mit Eisenhaken aus, um die Reiter von ihren Pferden zu reißen. Die Taktik der von König Heinrich I. entwickelten Panzerreiter wurde von den Söldnerheeren abgelöst …“

Auszug aus: Manfred Höfer, Heinrich II., Das Leben und Wirken eines Kaisers, Esslingen/München/Bechtle 2002
© Mit frdl. Genehmigung d. Bechtle Verlags, Esslingen/München – www.herbig.net.

Quellen:

  • Günter H. Wiege, Alt-Genealogie der Familie v. Minckwitz, Wiesbaden 1996
  • Text Ritter und ihre Ausrüstung: s.o.
  • Bilder stammen aus dem Begleitbuch zur Ausstellung „Die Ritter“ in Speyer 2003
  • Familienarchiv
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