Persönlichkeiten in der
Familie von Minckwitz
Folge 1: Horst Benno Adolf v. Minckwitz (F XIII17)
*20.02.1877 †25.02.1956 (10/2003)
wurde in Görlitz als zweites Kind von Benno Wilhelm v. M. und seiner Frau Elisabeth geb. Wolff von Schutter geboren. Er hatte eine Schwester Elisabeth aus der ersten Ehe seines Vaters – die Mutter Marie starb im Kindbett – und 4 Schwestern und 2 Brüder aus dieser zweiten Ehe. Die älteste Schwester Elisabeth heiratete einen kgl. preuß. Major, der 1918 starb.
Der I. Weltkrieg hat dieser Familie große Opfer abverlangt. Der Mann der Schwester Erika starb als kgl. preuß. Rittmeister 1915 in Moskau in der Kriegsgefangenschaft. Die Schwester Annamarie war während des Krieges als Krankenschwester tätig und starb 1946 an einer Tb in einer Frauenabtei. Der Bruder Johann Benno fiel im Mai 1915 bei Ypern als Oberleutnant im Sächs. Res. Jäger-Bat. 25. Eines friedlichen Todes starben seine Schwestern Käthe, im gesegneten Alter von 102 Jahren, und Ida, die über ihren engeren Wirkungsbereich bekannt wurde als Porträtmalerin. Der Bruder Hans Benno starb 95-jährig als Oberst a.D.
Die Familie lebte sehr abgelegen auf ihrem Gut in Nowosiolki am San in den galizischen Karpathen, so dass die Kinder im Haus unterrichtet werden mussten. So blieb der kleine Horst Benno zu Hause bis zu seinem Eintritt in das kgl. Sächs. Kadettenkorps in Dresden an Ostern 1889. Die acht Jahre im Kadettenkorps beendete er als Zwanzigjähriger im März 1897 mit dem Rang eines Fähnrichs, als der er in das Schützen (Füsilier) Regiment Prinz Georg Nr. 108 übernommen wurde. Im November des gleichen Jahres kam er zur königl. Kriegsschule nach Neiße, auf der er bis Juli 1898 blieb. Im Abschlusszeugnis wird ihm ein heiteres, frisches Wesen gepaart mit einem ausgesprochenen Gefühl für Verantwortlichkeit und Pflichttreue bescheinigt.
Im August wurde er zum „Secondelieutenant“ befördert. Nach einem Jahr als Bataillonsadjutant wird er für 4 Jahre zur Munitionsfabrik in Dresden abkommandiert, unterbrochen durch ein Truppenkommando bei dem er Oberleutnant wird. Dann kommen fünf Jahre Dienst bei der kgl. preuß. Gewehrprüfungskommission in Berlin-Spandau.
1909 nimmt Horst Benno teil an den Herbstübungen des Gardekorps als Führer der zum Versuch aufgestellten PanzerKraftfahr-Abt. (Diese sehr interessante Mitteilung in einem Personal-Bericht muss allerdings noch überprüft werden.) 1912 ist er Hauptmann und Kompagnie-Chef in seinem sächsischen Regiment.
In diesem Jahr wird die entscheidende Wende in seiner weiteren Laufbahn eingeleitet: die königl. preuß. Generalinspektion der Verkehrstruppen empfiehlt ihm, sich zur Fliegertruppe versetzen zu lassen. 1913 ist es soweit, Horst Benno wird Kommandeur der Fliegerschule in Leipzig und erhält dabei eine Ausbildung zum Flugzeugführer und Beobachter. Wenig später ist er in Döberitz zu finden als Hauptmann und Chef der 3. (K.S.) Kompanie des königl. preuß. Fliegerbataillions Nr.1, die im März 1914 nach Großenhain in Sachsen übersiedelt.
Da bricht der 1. Weltkrieg aus. Horst Benno geht mit der Feld-Flieger-Abt.24 als Abteilungsführer und Beobachtungsoffizier an die Westfront und kommt dort bis zum Dezember 1914 mehrmals zum Einsatz. Bereits nach kurzer Zeit steht er dort als Stabsoffizier der Flieger auch dem Oberkommando der 3. Armee beratend zur Seite. Dafür wird ihm das Eiserne Kreuz II. Kl. verliehen. Dann wird er zurückberufen in die Heimat zum Aufbau der jungen deutschen Fliegertruppe. Im Jahr 1915 ist er dann in Grossenhain, dessen Flugplatz er zu einer gewaltigen Ersatz-Abteilung ausbaut, und der Vorgesetzte solcher später berühmten Flieger, wie Manfred von Richthofen und Rudolf Windisch.
Im August dieses Jahres wird er auf Befehl der Obersten Heeresleitung zum Bauausschuss der Fliegerstationen nach Berlin kommandiert. Über die Versetzung berichtet das Grossenhainer Tageblatt vom 22.07.1915 mit dem Ausdruck großen Bedauerns, weil „v. Minckwitz es verstanden hat, sowohl im dienstlichen als auch außerdienstlichen Verkehre sich die allgemeinen Sympathien zu erwerben“. Die Zeitung berichtet, dass „Herr Hauptmann v. Minckwitz zum Ehrenmitglied des hiesigen Militärvereins „Jäger und Schützen“ ernannt worden ist.“
1916 folgt dann die Versetzung als Leiter der Bauabteilung bei der Inspektion der Fliegertruppen in Berlin. In diesen Jahren leitet er die organisatorischen Arbeiten zum Aufbau von 30 – 40 Flugplätzen in Preussen, Bayern, Württemberg und Sachsen. 1917 wird er außerdem Kommandeur der kgl. Sächs. Fliegerersatzabt. 6 in Großenhain, was die Umwandlung der bisherigen preußischen in eine sächsische Formation mit der entsprechenden Belastung aus zwei verschiedenen Aufgabengebieten bedeutete. In dieser Zeit berät er auch bulgarische Offiziere bei den Planung für den Bau und die Einrichtung eines Fliegerstandortes bei Sofia, einer Pilotanlage für die junge bulgarische Fliegertruppe. Kurz vor dem Ende des Krieges wurde er als Kommandeur der „Flieger im Heimatgebiet Nr.5“ im Range eines Brigadekommandeurs nach Dresden versetzt.
Nachzutragen ist noch, dass er trotz der großen Belastung die Zeit fand, sich am 18.4.1917 mit Lonny v. Wilmowski zu verheiraten. Nachdem ihm im Mai 1917 der Charakter eines Majors verliehen wurde, erhielt er im Mai 1918 das Patent als Majors der Luftstreitkräfte. Aus gesundheitlichen Gründen und wegen der politischen Situation nahm er 1919 seinen Abschied und lebte fortan in der Nähe von Großenhain , wo er sich einen Gartenbaubetrieb mit Landwirtschaft kaufte. Diese Gärtnerei baute er wie ein Profi mit viel Liebe aus, verpachtete sie jedoch 1927 bereits wieder und zog 1937 mit seiner Familie nach Ottenhain in der Oberlausitz. Hier hatte er Grund und Boden und Wald gekauft, was sich im Krieg und in der kargen Nachkriegszeit als sehr nützlich erweisen sollte.
Gewürdigt wurde seine Arbeit durch die Verleihung zahlreicher in- und ausländischer Orden:
- Kgl. preuß. Roter Adlerorden vierter Klasse,
- kgl. preuß. Kronenorden vierter Klasse,
- Eisernes Kreuz 2. und 1. Klasse,
- Ritterkreuz 1.Klasse des kgl. sächs. Albrechtsorden mit Schwertern,
- Ehrenkreuz f. Heimatverdienste des Großherzogtums von Sachsen-Weimar-Eisenach,
- Ritterkreuz 1.Klasse des Herz. Ernest. Hausordens m. Schwertern,
- Ritterkreuz 1.Kl.d. Württ. Friedrich-Ordens m. Schwertern,
- Lübeckisches Hanseatenkreuz,
- Ritterkreuz des österr. k.u.k. Franz-Joseph-Orden,
- kgl. bayerischer Militär-Verdienstorden 4. Klasse m. Schwertern,
- Kgl. pr. Militär-Verdienst-Orden 4. Kl. m. d. Krone u. Schwertern,
- Beobachterabzeichen,
- Offizierskreuz d. Rum. Kronenorden
- Grossherzogl. Mecklenburgischen Greifen-Orden.
Im 2. Weltkrieg wurde Horst Benno reaktiviert und am 1. April 1941 zum Oberstleutnant z.V. befördert. Er wurde im Gebiet der Heeresgruppe Mitte eingesetzt als Aufsicht über die gärtnerischen Anlagen mehrerer Güter, die für die Versorgung von Lazaretten und anderen militärischen Einrichtungen arbeiteten. Dabei hat er offensichtlich jüdischen und polnischen Zwangsarbeitern geholfen, was offensichtlich nicht unbemerkt blieb, denn, wie er trotzdem mit Verbitterung feststellte, musste er aus Altersgründen seinen Abschied aus der Wehrmacht nehmen obwohl wesentlich ältere Offiziere weiter im Dienst waren. Er wurde dann bei der Karpathen Öl AG in Lemberg Leiter der Werksküchengärtnerei Hyrawka, bei der auf 45 ha rd. 150 Leute beschäftigt wurden, vor allem Juden.. Übrigens wird der Leiter der ganzen Anlage, ein Major Helmrich, in der jüdischen Gedächtnisstätte Yad Vashem als einer der „Gerechten unter den Völkern“ gelistet. In diesem Geiste muss auch Horst Benno gearbeitet haben, wie spätere Dankes- und Entlastungsbriefe zeigen.
Am 30.09.1943 beendete er seine Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen und ging zurück nach Ottenhain, wo er mit seiner Familie das Kriegsende und die Wirren der ersten Nachkriegsjahre durchmachte. Das sog. Mühlengrundstück mit 1600 qm in Lautitz im Kreis Löbau wurde 1948 aufgrund des SMA-Befehls 124 enteignet, weil er der „Träger eines bekannten adeligen Namens“ war. Schikanös und entwürdigend waren die Hausdurchsuchungen, die im Juni und Juli 1950 durchgeführt wurden. In dem Bericht der Volkspolizei vom 20.06.50 heisst es dazu: „alle Räumlichkeiten des Horst v. Minckwitz zeigen noch bis ins kleinste Winkelchen den alten preußischen Geist. Als ehemaliger hoher Offizier ist Minckwitz jetzt noch durch und durch Militarist.“ Und in einem Schreiben der Volkspolizei an das MfS Dresden vom 10.07.50 wird „Horst v. Minckwitz (als) ist ein alter reaktionärer Offizier vom preußischen Typ…“ charakterisiert. Die Durchsuchungen, die mit Beschlagnahmungen und Versiegelungen von Schränken usw. einhergingen, fanden statt in Anwesenheit des inzwischen 73 Jahre alten Horst Benno, seiner Ehefrau und seiner schwangeren Tochter Gisela. Natürlich wirkte erschwerend, dass Horst Benno damals der Senior des v. Minckwitz’schen Familienverbandes war.
Er starb in Ottenhain am 25.02 1956.
Auf dem Flugplatzgelände stehen noch Hallen, die Horst Benno aufbauen ließ. Die Strasse, die am Flugplatz entlang führt, wurde ihm zu Ehren und Gedenken in „Major v. Minckwitz-Allee“ umbenannt.
Quellen:
- SHStA Dresden Familienakten v. Minckwitz, Signatur 12599, Akte 3 u. Akte 5
- Familienarchiv
- Gisela Dießner, geb. v. Minckwitz
- Dr. Hannes Täger, Dresden (Arbeitskreis Sächs. Militärgeschichte Dresden e.V.)
Folge 1/Oktober 2003, © Günter H. Wiege, Wiesbaden