300 Jahre Minckwitzsches Weingut

300 Jahre Minckwitzsches Weingut

verein für denkmalpflege und neues bauen radebeul e.v.

Schaut der Besucher des Panoramabildes »Dresden im Jahre 1756« im Dresden-Reicker Panometer von der oberen Plattform über die sich nach der Lößnitz wendende Elbe, so erblickt er zwei nach einem Gewitterguss von der Sonne hell beschienene Punkte auf den Höhen der Ober- und Niederlößnitz: Zuvorderst das Spitzhaus und danach das Minckwitzsche Weinberghaus.

Beide sind also die ältesten weithin sichtbaren Dominanten unserer Heimat. Im ausgedehnten Grün der Weinberge erkennt man darunter auch ein gelbes Gebäude, das heutige Minckwitzsche Weingut.

In den folgenden Jahrhunderten wich das Grün der Hänge immer mehr der Bebauung, denn die idyllische Gegend besitzt bis heute eine hohe Anziehungskraft.

Wer in der Radebeuler Niederlößnitz aber die Hohe Straße empor geht, sieht an deren Einmündung in die Obere Bergstraße heute immer noch ein großes mehrteiliges gelbes Gebäude mit blaugrünen Toren, Türen und Fensterläden und auf der Kuppe des wieder aufgerebten Weinberges als Krönung das Minckwitzsche Weinberghaus.

Am westlichen Seitengebäude (ehem. Winzerhaus) und an der rechten Tür neben dem doppelflügeligen Tor künden Jahreszahlen an den oberen Sandstein-Türrahmen von der Errichtung des barocken Ensembles. Hier finden wir aber nicht die für das Jubiläum nachweislichen Jahreszahlen. Dafür müssen wir uns auf einen kleinen Spaziergang, zuerst entlang der Grundstücksgrenze an der Oberen Bergstraße und danach bergan die Finstere Gasse, begeben.

Gleich an der Ecke sehen wir die »Blaue Pforte«, einen typischen Weinbergszugang. Über das große Einfahrtstor für die Winzer erblickt man am Hang in der laubfreien Zeit zwei Pavillons. Der kleine achteckige Fachwerkbau war das erste Gebäude des Weinbergs. Er trägt noch heute die Initialen des Erbauers DCCK (Dr. Caspar Christian Kober) und die Jahreszahl 1713 auf der Wetterfahne. Da der kleine Pavillon nicht öffentlich zugänglich ist, zeigt hier ein Foto die Jubiläumszahl.

Entlang der teils verfallenen Weinbergsmauer geht unser Spaziergang weiter bergan bis wir linker Hand an einem Brunnenhäuschen vorbeikommen und sich die Mauer wieder zum Hang wendet. Wir folgen der Mauer und stehen nach wenigen Metern vor der Zufahrt zum großen Pavillon, dem Minckwitzschen Weinberghaus. Die linke Torsäule trägt nun für alle sichtbar die Jahreszahl 1713 und wieder die Initialen DCCK. Das hinter dieser Mauer befindliche Winzerhaus wurde erst 1724 errichtet und ist über der Eingangstür auch mit den bekannten Initialen versehen. Diese haben aber so gar nichts mit dem Namen von Minckwitz zu tun. Wie hängt das zusammen?

Dem an Heimatgeschichte interessierten Wanderer ist es vielleicht nicht neu. Wir hoffen aber auch auf neue Leser unserer Monatshefte.

Im Jahr 1704 erbte der Advokat Dr. Caspar Christian Kober das Grundstück von seiner jung verstorbenen ersten Frau. Sein Interesse, einen Weinberg wirtschaftlich zu betreiben und ihn als Privateigentum zu kennzeichnen, bedingte die Errichtung der Umfassungsmauern, der Einfahrt und einer Schutzhütte für die Winzer während ihrer Arbeit im Weinberg. Als erstes erhaltenes Gebäude wurde dafür der kleine Pavillon auf halber Höhe im östlichen Teil des Geländes errichtet.

Der in Dresden am Hofe beschäftigte Advokat lässt in den folgenden Jahren noch weitere Gebäude errichten, so das Herrenhaus an der Oberen Bergstraße 1714, 1727 das untere Winzerhaus mit Stall und 1728 die untere Toreinfahrt zur Remise. Drei Bögen im Hof ermöglichten die Unterstellung der Wagen.

Unter dem Hof und Seitengebäude gibt es den z.Z. nicht zugänglichen größten Weinkeller der Niederlößnitz. Auch an einen Raum für die Presse wurde im Herrenhaus gedacht. Als letztes, sozusagen krönendes Bauwerk, ließ Kober am höchsten Punkt des Berges den großen Pavillon als Lusthaus erbauen. Die Wetterfahne zeigt das Jahr 1729. An der Nordseite des Hauses ist über der Tür zum Saal das Kobersche Wappen aus Sandstein sichtbar, heute teils schadhaft. Zwei Freitreppen aus Sandstein führen vom tiefer gelegenen nördlichen Gelände hinauf, zunächst zur Ebene des Hauses und dann weiter zum Eingang des Saales. Zur Erinnerung: In dieser Zeit erlebte Dresden unter August dem Starken u.a. mit der Fertigstellung des Dresdner Zwingers einen geschichtlichen Höhepunkt. Nach Kobers Tod im Jahr 1738 wird dessen Sohn Gerhard Salomon Besitzer des Berges. Das Grundstück wurde zunächst innerhalb der Familie Kober weitervererbt und hatte ab 1810 verschiedene Eigentümer, so Baron von Müller, Oberforstmeister von Bredow und deren Erben. Das Grundstück erwarb die Familie von Minckwitz schließlich 1853. Erste Eigentümer der Familie waren Frau Henriette v. Minckwitz, geb. Vierhuff, sowie der Kämmerer und Oberhofmeister Friedrich August v. Minckwitz. Ab 1897 geht der Besitz an den Sohn, den Oberforstmeister und Kammerherrn Hans Friedrich v. Minckwitz und dessen Ehefrau Elisabeth, geb. Gräfin zu Münster, über. 1929 verstarb der Kammerherr. Dessen Ehefrau wohnte bis zu ihrem Tod 1953 im Haus.

Inzwischen waren durch die Folgen des Krieges andere politische Verhältnisse entstanden. Elisabeth verschenkte den Besitz 1952 an einen der wenigen Angehörigen der Familie von Minckwitz auf dem ehemaligen Gebiet der DDR, den Lehrer Hans v. Minckwitz und dessen Ehefrau Margarete, die aus Thüringen hierher übersiedelten. Heute leben deren Kinder und Kindeskinder in dem Herrenhaus und der Überbauung der Remise.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges waren die Gebäude des Weinguts in keinem guten baulichen Zustand und aufgrund der Wohnungsnot dicht bewohnt, was es den neuen Eigentümern ab Mitte der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts erschwerte, selbst ausreichenden Wohnraum belegen zu können und alle notwendigen Schritte für die Erhaltung des Anwesens zu unternehmen. Der Weinberg war seit der Reblauskatastrophe Ende des 19. Jahrhunderts verwildert. Beide Eigentümer bemühten sich in der Folgezeit um die Erhaltung und Verbesserung ihres Besitzes.

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass sich die Familie von Minckwitz des Umlandes hinter den Gebäuden des Weinguts annahm. Heute erfreuen sich die Eigentümer und Gäste am teils über hundertjährigen Baumbestand, wie z.B. mehreren Zürgelbäumen, Esskastanien, Eiben, Kiefern, Rhododendren, einer Pappeleiche, Platane, Linde und Ulme. Eine west-östlich angelegte Hainbuchenallee sowie ein Springbrunnen ergänzen die Parkanlage. Mit der Renaissance des Weinbaus und der Verbesserung des baulichen Zustandes der denkmalgeschützten Gebäude seit der Wende, ist die historische Ansicht des von Kober 1713 begonnenen Weinbergensembles in der Niederlößnitz wieder erlebbar geworden.

Wolfram v. Minckwitz und Petra Stiller

Literatur:

  • Gurlitt, Niederlößnitz, v. Minckwitzscher Weinberg
  • Liselotte Schließer, Geschichte des v. Minckwitzschen Weinberges
  • Dr. Matthias Donath, Sächsisches Weinland, Weingüter und Weinberghäuser Wikipedia, Freie Enzyklopädie (s. dortige Literaturangaben)